Ich würde von mir behaupten, ein grundoptimistischer Mensch zu sein. Mein Paradespruch in schwierigen Situationen ist: Alles wird gut. Mit meiner zuversichtlichen Haltung habe ich schon Vieles im Leben gemeistert. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb?) treffe ich immer wieder auf Menschen, die lieber auf Nummer sichergehen und gemäß „Murphy’s Law“ davon ausgehen, dass alles was schiefgehen kann, auch schiefgehen wird. Meine Argumente für den Optimismus werden in solchen Gesprächen auf eine harte Probe gestellt. Gleichzeitig festigt sich dadurch aber nur umso mehr meine Überzeugung, dass eine positive Lebenseinstellung nicht nur Sinn macht, sondern auch gesund für die Seele ist. – Autorin: GF
In Trainings und Vorträgen bringe ich gern das folgende Zitat von Karl Valentin: „Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, dann regnet es auch.“ Es fasst für mich so wunderbar zusammen, worum es beim Thema Optimismus geht. Egal, in welch verfahrener Situation ich mich befinde, egal, wie trüb der Ausblick in die Zukunft auch sein mag, wir können gewisse Dinge im Leben einfach nicht ändern. Es liegt an uns, ob wir dann ängstlich oder verärgert reagieren und damit uns selbst und unseren Mitmenschen das Leben schwermachen. Oder aber wir entscheiden uns dafür, die Dinge so zu akzeptieren wie sie nun mal sind und das Beste daraus zu machen.
Eine Frage der Perspektive
Unter Optimismus verstehen wir eine positive Weltsicht und die Fähigkeit, auch negativen Ereignissen, Enttäuschungen und schwierigen Entwicklungen zumindest im Nachhinein etwas Positives abzugewinnen. Gemeint ist damit aber nicht mit einer naiven, rosaroten Brille auf die Dinge zu schauen, sondern ein gesunder, realistischer Optimismus.
Optimisten haben eine hoffnungsvolle Grundhaltung und erwarten etwas Positives in der Zukunft. Sie gehen davon aus, dass schwierige Situationen nicht von Dauer sind und vertrauen auf das sogenannte „Licht am Ende des Tunnels“. Menschen mit einer optimistischen Grundhaltung haben auch ein positiveres Bild von sich selbst, dh. sie mögen sich so wie sie sind und pflegen auch einen liebevollen Umgang mit sich selbst. Und sie lassen sich durch ein Problem in einem ihrer Lebensbereich nicht gleich zur Gänze in ein schwarzes Loch ziehen.
Wenn Pessimisten einen Erfolg erleben, tun sie ihn eher als Glück oder Zufall ab. Optimisten hingegen schreiben Erfolge und positive Erlebnisse ihren eigenen Stärken und Talenten zu. Umgekehrt nehmen sich Pessimisten Misserfolge viel stärker zu Herzen und rügen sich selbst für ihre Unfähigkeit und mangelnde Vorbereitung, wo Optimisten einen schlechten Tag einfach auch einmal mit „Pech gehabt“ ad acta legen können.
Optimisten leben stressfreier und länger
Was bringt Optimismus nun aber in Hinblick auf die Themen Stressbewältigung und Burnoutprävention? Schon öfter haben wir hier am Blog davon geschrieben, dass Stress immer dann entsteht, wenn wir uns einer Situation nicht gewachsen fühlen. Wenn wir eine schwierige Aufgabe vor uns haben, ein heikles Gespräch ansteht oder wenn wir drohen, in einem Berg von Arbeit unterzugehen, genau dann kann uns Optimismus stärken und nach vorne schauen lassen. Wer in einer solchen Situation voller Zuversicht zu sich selbst sagt: „Ich schaffe das. Ich weiß aus Erfahrung, dass ich das kann und dass ich diese Situation bewältigen werde.“, der hat ein probates Mittel gegen Stress gefunden.
Aber auch wenn es um echte Krisen geht – und eine Burnout-Erkrankung ist definitiv eine Krise im Leben eines Menschen –, kann eine positive Einstellung große, heilsame Kraft entwickeln. Die Überzeugung, dass es nach jeder Talfahrt auch wieder aufwärtsgeht und dass das Schlimmste bald vorbei ist, hilft Menschen aus tiefen Krisen heraus bzw. bewahrt sie davor überhaupt erst hineinzuschlittern. Typische Symptome, die bei Burnout-Patienten auftreten, sind u.a. Hoffnungslosigkeit und das Gefühl, dass es nichts mehr Schönes im Leben gibt. Auch an diesem Punkt helfen eine optimistische Grundhaltung und ein Urvertrauen ins Leben ungemein dabei, wieder nach vorn zu schauen und neue Lebensfreude zu entwickeln. Beides sind wichtige Aspekte in der Burnout-Therapie.
Immer wieder wurde in Studien auch untersucht, ob sich Optimismus tatsächlich positiv auswirkt, wenn es um die Genesung schwerer körperlicher Erkrankungen geht. Auch wenn die Ergebnisse nicht eindeutig sind, so konnte doch festgestellt werden, dass psychosoziale Ressourcen wie soziale Kontakte oder auch Optimismus eine positive Auswirkung auf die Lebensqualität von Krebspatienten haben und damit bei der Krankheitsbewältigung unterstützen.[1] Martin Seligman, einer der zentralen Vertreter der positiven Psychologie, hat diese Thematik sogar in seinem Bestseller „Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben“ verarbeitet.[2]
Zuversicht kann man lernen
Ein Pessimist bleibt ein Pessimist, oder? Auch wenn sich dieses Gerücht hartnäckig hält, bin ich der festen Überzeugung, dass jeder, wenn er nur will, lernen kann optimistischer in die Zukunft zu schauen. Besonders hilfreich finde ich dabei, sich möglichst oft mit positiven und schönen Gedanken zu beschäftigen. Eine wunderbare Übung zum Einstieg in das „Lernfeld Optimismus“ können z.B. die folgenden Fragen für den Morgen und für den Abend sein:
MORGENFRAGEN
- Worüber in meinem Leben bin ich glücklich?
- Worauf in meinem Leben bin ich stolz?
- Worauf freue ich mich heute?
ABENDFRAGEN
- Was habe ich heute Schönes gesehen?
- Was ist mir heute besonders gut gelungen?
- Mit wem hatte ich heute einen erfüllenden, zwischenmenschlichen Kontakt bzw. eine gute Begegnung?
Versuchen Sie, sich konsequent morgens und/oder abends mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und so einen dankbaren und zufriedenen Blick auf Ihr Leben zu werfen. Je länger Sie dabeibleiben, umso eher werden sich die Morgen- und Abendfragen wie ein Ritual in Ihrem Alltag verankern lassen. Der tolle Effekt dabei: Nach und nach werden auch tagsüber Ihre Gedanken schon bei den „schönen Dingen“ und „gelungenen Ereignissen“ sein.
Wer am Ende dieses Artikels nun meint, dass Optimisten scheinbar immer auf die Sonnenseite des Lebens fallen, den muss ich leider enttäuschen. Auch positiv denkende Menschen erleben Enttäuschungen und gehen durch Krisen. Einziger Unterschied zu Pessimisten ist, dass sie anders mit schwierigen Situationen umgehen, Rückschläge als Teil ihres Lebens und Lernchance annehmen können und damit entspannter, zufriedener und fröhlicher durchs Leben gehen. Und das ist doch ein starkes Argument für den Optimismus, finden Sie nicht auch?
[1] Onkologie Wien (2013): Krebs – psychosoziale Ressourcen helfen bei der Krankheitsbewältigung, online unter http://www.onkologie-wien.at/krebs-psychosoziale-ressourcen-helfen-bei-der-krankheitsbewaltigung/ (23.6.2017)
[2] Seligman, Martin (2005): Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben. Bastei Lübbe Taschenbücher.
Schreibe einen Kommentar